35. Finanzierungsbilanz
Passiva
Die Passiva zeigt die Finanzierung der Vermögenswerte der Aktiva.
Neben den am Bilanzstichtag vorhandenen Finanzierungsmitteln sind
zu betrachten:
- Unausgeschöpfte Einzahlungsverpflichtungen,
- mögliche Kapitalerhöhungen,
- noch nicht fällig gewordene Zahlungsverpflichtungen, die
jedoch bereits begründet sind.
- kalkulierte Zahlungsverpflichtungen, insbesondere aus Projekten,
Investitionen und persönlichen Verpflichtungen.
Die Fälligkeiten sind den entsprechenden tatsächlichen Fristen
zuordnen, gleichgültig "was auf dem Papier steht".
In den formellen Bilanzen erfolgen die Zuordnungen zu den Fristen
der Passivposten nach den Verträgen und Vereinbarungen mit den
Gläubigern.
Bei der Finanzierungsbilanz sind jedoch folgende Kriterien
entscheidender:
- Bedingungen, die zur rechtmäßigen der vorzeitigen Kündigung
berechtigen oder verpflichten,
- die direkten oder indirekten Zugriffsrechte der Gläubiger
auf das Aktivvermögen ("Sicherheiten"),
- die Bonität der Gläubiger (Zahlungsfähigkeit, Seriosität,
Absichten),
- die "Luft in den Finanzierungen", wie unausgeschöpfte
Kreditlimite,
- die Einschätzung der eigenen Bonität durch die Gläubiger und
daraus folgend die Bereitschaft, die Finanzmittel weiterhin zur
Verfügung zu stellen,
- die konkreten Fälligkeitstermine von Zahlungen,
Teilzahlungen, Rückzahlungen,
- die Prolongierbarkeit (Verlängerbarkeit) von befristeten
Finanzierungen (Kreditverlängerungen),
- die Refinanzierbarkeit von fälligen Finanzierungen,
erforderlichenfalls bei anderen Gläubigern,
- die Zulässigkeit von (vorzeitigen) Rückzahlungen,
- die Rechte der Gläubiger, insbesondere die Weisungsrechte,
Mitbestimmungsrechte, Genehmigungsvorbehalte, Zustimmungsrechte,
Einsichtrechte, Kontrollrechte).
Die Passiva ist zu gliedern in:
- unkündbare Finanzierungsmittel,
- sichere und gesicherte Finanzierungsmittel,
- Darlehen,
- Kreditlinien,
- Verbindlichkeiten aus dem laufenden Geschäftsbetrieb,
- Bankschulden, Kassenkredite, Girokredite,
- sonstige Verbindlichkeiten.
Die Posten der Passiva sind niemals physisch vorhanden: Sie sind
immer rein rechnerischer Natur.
Zum Nachdenken und zur Vertiefung des Grundverständnisses der
Passiva:
Für die Gläubiger der Finanzierungsmittel stellen die
bereitgestellten Finanzierungen "Aktiva" dar: d.h. sie gehen davon
aus, dass es "Vermögen" sei und behandeln es entsprechend. Das
"Vermögen" (der Gläubiger) besteht jedoch "nur" in der Annahme, dass
sie ihr Geld erhalten, weil der Schuldner auf Grund seiner Bonität
zahlungsfähig ist und bleibt.
So lange der Gläubiger das glaubt, finanziert er weiter, lässt
sich häufig jedoch seine Finanzierungsmittel "absichern". Bei
Zweifeln will der Gläubiger in der Regel zunächst mehr Sicherheiten,
dann höhere Zinsen, dann die strikte Einhaltung der Kreditlinien,
dann die pünktliche Zins- und Tilgungszahlungen, schließlich die
ordentliche oder, bei Gefahr im Verzug, die außerordentliche
Kündigung. Dann will er nur noch sein Geld, egal wie und wodurch.